Ardabil – Teheran (26.05 – 02.06)
Nach vier Tagen Fahrradpause setzten wir uns in Ardabil wieder aufs Tandem und machten uns auf den Weg ans Kaspische Meer. Die Strecke war nicht besonders schön, erst als es anfing bergab zu gehen erhoben sich um uns bewaldete Hügel und überall sah man Familien trotz dichtem Nebel picknicken. Schon zwanzig Kilometer vor unserem Ziel passte uns Mehdi, unser Warmshower Host an der Straße ab und fuhr von dort an mit dem Auto den Weg voraus. Mehdi und seine Frau sprechen zwar nicht viel Englisch, übertrieben es aber beinahe mit der Gastfreundlichkeit. Nicht einmal beim Tisch abräumen durften wir helfen. Er überzeugte uns für zwei Nächte zu bleiben und zeigte uns seine Stadt Astara und die Umgebung. Da er von Beruf Fotojournalist ist, war auch immer seine Kamera dabei und so entstanden gefühlt hunderte von Fotos von uns Zweien.

Wie wir bereits erwartet hatten, eskortierte er uns zum Abschied auch wieder aus der Stadt hinaus. Wir begannen entlang des Kaspischen Meeres zu radeln und bemerkten erste Anzeichen des Fastenmonats Ramadan. Entlang der Straße fand man die meisten Restaurants verschlossen vor, nur wenige mit Sondergenehmigung hatten die Fenster mit Zeitungspapier verklebt und die Tür geöffnet. Die kleinen Läden, welche man in jedem Dorf findet, waren aber alle geöffnet und so mussten wir nicht hungern. Abends steuerten wir wiederum einen Warmshower Host an und durften unser Zelt auf einer Art Balkon in einer Art Feriendorf aufstellen. Dieser Gastgeber hatte wohl wirklich den ganzen Tag nichts gegessen und harrte aus bis wir Spaghetti mit Gemüse servierten. Danach ging der Abend mit dem obligatorischen Tee und interessanten Gesprächen zu Ende.

Am nächsten Morgen hatte dann doch jeder Bäcker in der kleinen Stadt geschlossen, daher gab es abgepackten Kuchen zum Frühstück. Danach fuhren wir bei ziemlich heißen Temperaturen durch eine Landschaft, die uns mit ihren Reisfeldern und bewaldeten Hügeln an Südostasien erinnerte und so gar nicht der erwarteten iranischen Wüste entsprach. Am Nachmittag erreichten wir Rasht und suchten uns eine günstige Unterkunft. In der Dämmerung füllten sich dann alle Plätze und überall wurden Restaurants geöffnet und Straßenstände aufgebaut. Endlich Fastenbrechen.
Laut der Einschätzung eines Couchsurfers mit dem wir uns am Abend trafen, praktizieren den Ramadan aber nur 20 Prozent derer, die nicht sowieso davon befreit sind (Schwangere, ältere Menschen, etc.).
Auch als Reisende ist es uns offiziell gestattet, tagsüber zu Essen, aber nicht in der Öffentlichkeit. Und so versuchen wir uns immer dort hin zu setzten, wo wir nicht im Blickfeld jedes vorbeifahrenden Autos sind. Vor kleinen Einkaufsmärkten haben wir aber auch schon öfter Menschen essen sehen (die waren weder schwanger noch alt) und als wir vor einem Haus auf einer Mauer saßen und Fladenbrot mit Käse futterten wurden wir danach sogar noch mit Tee vom Hausherren versorgt. Scheinbar wird aber auch kontrolliert. Das konnten wir feststellen, als bei einem Toilettenstop an einem mit Zeitung abgeschirmten Restaurant die Polizei ankam und nach Unterlagen verlangte. Schon verrückt, dass der Staat einem vorschreibt, wann man essen darf und wann nicht.

Von Rasht aus nahmen wir einen Bus nach Teheran, da wir in der Hauptstadt versuchen wollten, an unser China Visum zu kommen. Leider begann unser Aufenthalt aber etwas unschön und zwar mit einer Lebensmittelvergiftung. Trotzdem machten wir uns völlig fertig nach einer schlaflosen Nacht auf zur deutschen und chinesischen Botschaft. Das dauerte doch seine Zeit und raubte ganz schön viel Kraft, auch weil wir letztendlich nicht erfolgreich waren, also kein China Visum bekommen haben.
Zum Glück hatte unsere Couchsurferin Verständnis und so verbrachten wir den restlichen Tag und auch den Folgenden hauptsächlich im Bett. Nur am Abend kam eine befreundete Familie vorbei und wir aßen gemeinsam eine Art Suppe mit Kokos, Sesam, Zimt, weichgekochten Haferflocken und Truthahn (ja, richtig gelesen) – interessante Kombination. Danach besuchten wir einen der größten Parks der Stadt, in welchem buntes Treiben herrschte. Im Anschluss, circa um Mitternacht, legten wir dann noch einen Zwischenstopp bei der befreundeten Familie ein, wo beste iranische Wassermelone und anderes Obst serviert wurden. Im Gegensatz zur fünfjährigen Tochter des Hauses waren wir mittlerweile ganz schön müde.
So richtig haben wir uns noch nicht an den iranischen Tagesrhythmus gewöhnt, welcher durch den Ramadan nochmals verstärkt wird. Den Iran während des Fastenmonats zu besuchen, können wir wirklich nicht empfehlen. Wir haben in dieser riesigen Stadt bei Tageslicht noch kein einziges geöffnetes Café oder Restaurant gesehen. Erst ab 20.30 Uhr machen alle ihre Türen auf. Man muss aber auch hinzufügen, dass es bei den Temperaturen hier derzeit auch sinnvoller ist, erst abends vor die Tür zu gehen, dann hält man es mit Kopftuch und langen Klamotten auch einigermaßen aus. Um circa halb zwei Nachts waren wir wieder zurück in der Wohnung unserer Couchsurferin und schnell im Bett. Dankbar nahmen wir das Angebot an noch länger in ihrer Wohnung zu bleiben, obwohl sie selbst verreisen würde. Es ist unglaublich toll, wie viel Vertrauen die meisten Couchsurfer ineinander haben. So nutzten wir den nächsten Tag um den Golestan Palast zu besichtigen und verschwendeten danach wieder mal Energie, um an ein Zugticket zu gelangen, welches wir letztendlich nicht kauften, da man uns den Transport unseres Tandems nicht garantieren konnte.
Daher verbringen wir den heutigen Tag ganz entspannt in einer Wohnung nur für uns mitten in Teheran um dann morgen ausgeruht die nächste Busreise nach Gorgan anzutreten. Von dort aus geht es dann endlich wieder auf dem Fahrrad weiter.